Angst vorm Krampus
Mit einem Höllenlärm fällt die wilde Horde ein. Gegen den Radau von massigen Viehglocken… die mit breiten Ledergürteln an den Pelzhüften schlagen… hat „Last Christmas“ das aus den Weihnachtsbuden… keine Chance. Die besinnliche Stimmung am Christkindlmarkt ist erst mal vorbei. Die Schar Gehörnter… mit gruseligen Fratzen… langen Zähnen und Krallen… hat sofort die totale Aufmerksamkeit. Mutige… die in der ersten Reihe stehen… weichen eingeschüchtert zurück… Kinder verstecken sich hinter der Mama… die sucht Deckung bei ihrem Mann. Die wilden Wesen drohen… schwingen Peitschen und attackieren das Publikum. Ist die Feuer- und Gruselshow wieder vorbei… posiert der Krampus… geduldig und zahm… fürs Familienalbum. Begeistert ist aber nicht jeder. Traumatisches Angstzustände könnten bleiben…
 
 
aber Blutige Ork-Gemetzel um Mittelerde im Weihnachtsfernsehen haben die Massen schon lange desensibilisiert.
Nicht mehr zeitgemäß. „Der Krampus“… beklagen Kritiker… „steht für Züchtigung… für Gewalt und instrumentalisiert die Angst“. „Seit brav ihr lieben Kinder“… sonst kommt der wilde Krampus“. Zuckerbrot und Peitsche… das riecht tatsächlich sehr nach schwarzer Pädagogik. So eine Intention wäre freilich fragwürdig. Diese Deutung wird den Perchtenläufern aber nicht wirklich gerecht.
Natürlich hat der Winter… den diese Gestalten symbolisieren… seinen Schrecken längst verloren. Es aber gab Zeiten… da war die raue… wilde Natur und klirrend… kalte Schneestürme absolut lebensbedrohlich.
Aberglaube, Hunger und Existenzängste von unzähligen Generationen haben da tiefe Spuren im kollektiven Unterbewussten hinterlassen. Ängste vor der kalten Dunkelheit und Hoffen auf Licht… Wärme und Nahrung ist uns in die Gene gelegt. Der zufriedene Blick des modernen Menschen in ein loderndes Feuer ist eine Resonanz auf dieses Erbe.
Die wilden Kräfte der Natur zu dämonisieren… sie im Krampus begreifbar zumachen… hat unseren Vorfahren die Zusammenarbeit und damit das Überleben erleichtert. Eine gemeinsame Angst verbindet. Die Gemeinschaft übersteht den Winter… wenn sie das Wilde… das Animalische… den Egoismus eindämmt und sich an selbstlosen Archetypen… wie dem Nikolaus orientiert.
Das ist ein Erfolgsrezept. Auch heute noch. Wir sollten also mit etwas weniger Arroganz auf die Weisheiten unserer Ahnen blicken. Ein Pelzkostüm mit Gruselmaske mag die seelische Verfassung von Kindern gefährden. Der übermäßige Konsum von digitalen Medien tut das ganz sicher. Die Überzeugung Oma und Opa werden sterben… wenn die Enkel in der Schule keine Maske tragen… wird vielleicht tiefgreifendere Prozesse im kindlichen Unterbewusstsein auslösen… als das ein gehörnte Pelzträger es je vermag. 
Modernen Ängste lassen sich dann aber nicht so leicht mit einem Krampusselphy bewältigen.